Behind the Scenes

Real Life vs. Fiktion: Auf Spurensuche

Ob Mord, Erpressung, Brandstiftung, Raub, Nötigung, Diebstahl oder tragischer Unfall: In den Fernsehkrimis bleibt dank modernster Techniken und forensischen Superbrains kaum ein Fall ungelöst. Aber wie viel haben die Ermittlungen, wie sie in den fiktionalen Geschichten dargestellt werden, eigentlich mit der gängigen Expertenpraxis zu tun? Wir haben uns auf Spurensuche begeben und bizzli im Programmarchiv von SRF gewühlt.

Ein Forensiker untersucht Fingerabdrücke, welche er an einem Tatort gesichert hat

Du kennst es sicher auch: Du schaust dir einen Krimi an und findest es total mind-blowing, welche coolen Tools die Ermittlerinnen und Ermittler da haben, um einen Fall zu enträtseln. Aber helfen diese den Forensikerinnen, Rechtsmedizinern und Kriminaltechnikerinnen eigentlich auch im echten Leben, um Verbrechen aufzuklären? Das wollten auch unsere Gspändli von SRF wissen und haben deshalb beim Stv. Chef des Forensischen Instituts Zürich, Jörg Arnold, nachgefragt.

Die heutigen Krimis sind sehr gut gemacht und sind mit der Technik nahe an der Realität.

Jörg Arnold, Stv. Chef des Forensischen Instituts Zürich

Das Forensische Institut Zürich wird übrigens von der Kantons- und Stadtpolizei gemeinsam betrieben. Forensische Superhelden, die sämtliche Fachgebiete der Kriminaltechnik, Kriminalwissenschaften und Rechtsmedizin beherrschen – wie du sie vielleicht aus den Krimis kennst, gibt es im Institut aber nicht.

Wir haben einige weitere aufschlussreiche Insights aus verschiedenen SRF-Sendungen für dich herausgepickt.

Die Spurensicherung

Fiktion: Schon beim Eintreffen am Tatort stechen den Forensikerinnen und Forensikern blutige Fingerabdrücke ins Auge und im Flur zieren schlammige Fussspuren den Boden. Jackpot! Jetzt gilt es nur noch, diese schnell alle zu sichern und dann kann bei einer Zigarettenpause über Geschlecht und weitere Merkmale der Täterschaft getratscht werden. Würde das bei einer richtigen Ermittlung so auch vorkommen?

Real Life: Um selbst keine Spuren zu legen, versuchen die Forensikerinnen und Forensiker am Tatort möglichst wenig untereinander zu sprechen, wie Jörg Arnold, Stv. Chef des Forensischen Instituts Zürich erklärt. Denn ihr Ziel ist es ja, die Spuren zu sichern, welche zur Täterschaft führen könnten und diese danach im Labor zu analysieren.

Die Herausforderung bei DNA-Spuren ist, dass diese nicht sichtbar sind.

Karin Bolliger, Kriminaltechnikerin Forensisches Institut Zürich

So können Kriminaltechnikerin Karin Bolliger und ihre Arbeitsgspändli vom Forensischen Institut Zürich nur erahnen, wo jemand an einem Tatort etwas angefasst hat und wo man weitere Spuren sichern kann.

Die Foto-Analyse

Fiktion: Kaum ist der Ermittler vom Tatort ins Revier zurückgekehrt, hat er schon seine Kollegin am Draht, welche den Schuhabdruck mit anderen offenen Fällen abgeglichen und einen Treffer gelandet hat. Der Ermittler hat ihr nämlich noch vom Tatort aus ein paar Fotos geschickt. Die Kollegin hat diese dann ratzfatz durch die Datenbank fräsen lassen. So kennen wir es aus Krimis: Menschen sichern Spuren und der Computer erledigt den Rest.

Real Life: Mit dem Sichern der Spuren ist die Arbeit der Kriminaltechnikerin noch lange nicht abgeschlossen. Es steht nämlich eine ganze Menge Büroarbeit an: Beweisstücke werden elektronisch erfasst und Protokolle sowie Berichte geschrieben. Am Tatort hat Karin Bolliger alles genaustens fotografiert und diese Bilder geht sie im Büro nochmals durch.

Es kann passieren, dass man auf einem Foto etwas entdeckt, das man am Tatort nicht gesehen hat.

Karin Bolliger, Kriminaltechnikerin Forensisches Institut Zürich

Bei Schuhspuren beispielsweise, gleicht sie die Fotos mit jenen der letzten drei Monate ab. Diese hat sie in einem physischen Ordner abgelegt. Ja, richtig gelesen: So einen zum Durchblättern. Auch für den Vergleich von Fingerabdrücken gilt: Keine ratternden Computer, sondern denkende Menschen.

Die futuristischen Apparate und Methoden der Forensiker/innen sind aber nicht einfach ein Gerücht. Spezielle Lichter zeigen zum Beispiel, ob auf einem Beweismittel Fingerabdrücke und DNA hinterlassen wurden. So kann abgeschätzt werden, ob sich eine weitere Auswertung lohnt.

Willst du noch mehr über Karin Bolligers Arbeitsalltag erfahren?

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Dann schau dir diese «Reporter»-Folge an:

Die DNA-Analyse

Fiktion: High-Tech Laborgeräte, unzählige Reagenzgläser, Pipetten, dutzende Computer und mittendrin eine junge Frau im Laborkittel, die eine DNA-Spur von einem Brief nimmt und diese mit ihren hypermodernen Geräten analysiert. Es dauert keine fünf Sekunden und schon sieht sie auf dem Bildschirm das Ergebnis ihrer Analyse, inklusive Foto und Name des DNA-Trägers. Das ist jedoch nicht Realität, sondern ein Ausschnitt aus einer Krimifolge.

Real Life: Im echten Leben braucht eine solche Analyse wesentlich mehr Zeit, wie Nadja Morf, Biologin am Institut für Rechtsmedizin UZH, aufklärt.

In der Realität brauchen wir rund zwei Stunden für eine DNA-Analyse mit einer guten Probe.

Nadja Morf, Biologin am Institut für Rechtsmedizin UZH

Ist irgendwie logisch. Du willst beim Zuschauen ja nicht zwei Stunden warten, bis die Forensikerin die Ergebnisse endlich hat. Und was ist mit dem Foto und dem Namen? Bekommt Biologin Nadja Morf am Schluss einer Analyse diese auch mitgeliefert? Nope, im Labor des Rechtsmedizinischen Instituts der Uni Zürich wird nur mit dem genetischen Material gearbeitet. Übrigens sind alle Mitarbeitenden in der Datenbank eingetragen, falls es mal zu einer Kontamination eines Beweismittels kommen sollte.

Möchtest du mehr über die Vorgänge am Institut für Rechtsmedizin UZH wissen?

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Dann zieh dir jetzt diese Spezial-Reportage rein:

Übrigens

Aus der DNA eines Menschen kann man praktisch alles herauslesen: Geschlecht, Aussehen, Krankheiten und sogar die regionale Herkunft. Die Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz dürfen jedoch nur das Geschlecht mittels der DNA-Analyse bestimmen. Also ganz anders, wie es in einigen fiktionalen Krimis der Fall ist. Weitere Ergebnisse und Erkenntnisse gibt es erst, wenn die Spur in der Datenbank mit den bereits erfassten Spuren und Personen abgeglichen wird. Ob es sich bei einem Treffer dann wirklich um die Täterschaft handelt oder nicht, kriegen die Forensikerinnen und Forensiker aber in der Regel gar nicht mehr mit.


Bist du von dem Thema jetzt auch gerade bizzli angefixt? Lucky you, wir haben uns nämlich noch weiter mit verschiedenen Ermittlungsmethoden in Krimifilmen und der Echtheit von gewissen Handlungen in fiktionalen Geschichten befasst.


Text: SRG Insider
Bild: Colourbox.de

Tags: behindthescenes crime krimi krimiserie schweizerverbrechen srfreporter

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