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SRG-Umfragen: Das musst du wissen

Wie funktionieren SRG-Umfragen vor Wahlen und Abstimmungen? Wieso gibt es sie? Und ist an der regelmässig gegen sie gerichteten Kritik etwas dran?

«Initiative X verliert an Boden». «Die Y-Gegner holen auf». Wenn in Schweizer Zeitungen solche Schlagzeilen zu lesen sind, dann stecken fast immer die politischen Umfragen der SRG dahinter. Diese Umfragen sind nicht unumstritten. Regelmässig wird über deren Sinn und Unsinn debattiert. Aber wie funktionieren die Umfragen? Wieso gibt es sie? Und wieso gefallen sie längst sie nicht allen? SRG Insider liefert dir die fünf wichtigsten Antworten dazu:

1. Was sind «SRG-Umfragen»?

Zunächst einmal gilt es zwischen «Wahlbarometern» und «SRG-Trendumfragen» zu unterscheiden. Die «Wahlbarometer» werden jeweils zur Halbzeit der Legislaturperiode des Parlaments durchgeführt. Sie sollen zeigen, welche Parteien in der Wählergunst zulegen könnten, wenn bereits wieder Wahlen wären. Die «Trendumfragen» hingegen werden vor Eidgenössischen Abstimmungen durchgeführt. Diese sollen allfällige Trends in der Meinungsbildung aufdecken – beispielsweise ob eine Vorlage vermehrte Unterstützung erfährt, je näher die Abstimmung rückt.

2. Wer führt die SRG-Umfragen durch und seit wann gibt es sie?

Seit 1999 gibt es die SRG-Umfragen. Die SRG führt diese nicht selber durch, sondern gibt sie in Auftrag. Das Institut gfs.bern, geleitet von Claude Longchamp, ist für die Befragungen verantwortlich. Die eigentliche Befragung übernimmt eine gfs-Tochtergesellschaft, der gfs-Befragungsdienst. Dessen Mitarbeiter arbeiten entweder in einer Telefonzentrale in Zürich, oder von zuhause aus.

3. Wie funktionieren die Umfragen?

Die Befragungen finden telefonisch statt. Die Kandidatinnen und Kandidaten werden nach dem Zufallsprinzip aus dem Telefonbuch ausgewählt. Personen, die keinen Festnetzanschluss haben, werden also nicht miteinbezogen. Zwischen 8 und 20 Uhr werden deren Nummern bis zu siebenmal gewählt, erst dann gilt der Kontaktversuch als gescheitert. In einer ersten Welle werden 1200 Personen befragt, in einer zweiten 1400. Daraus ergibt sich laut gfs.bern eine Fehlerquote von knapp 3 Prozent.

4. Warum gibt die SRG diese Umfragen in Auftrag?

Antonio Antoniazzi, Wahlleiter TV bei SRF, sagt dazu folgendes: «Die Umfragen liefern eine ganze Reihe von Informationen, die journalistisch hohen Informationsgehalt haben. Hier einige Beispiele: Wie gross ist das Interesse an einem Urnengang, also die Teilnahmeabsicht? Welche Argumente einer Vorlage sind mehrheitsfähig, welche nicht und warum? Wie stehen verschiedene sozio-demografische Gruppen – Jung und Alt, Stadt und Land, Frauen und Männer, verschiedene Einkommensklassen und so weiter ‒ zu einer Vorlage? Aus der Abstimmungsforschung ist bekannt, dass die Haltungen der Stimmenden nicht «in Stein gemeisselt» sind und mehr oder weniger «volatil» sein können. Ganz nebenbei leisten die Umfragen einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion über die anstehenden Sachfragen.»

5. Warum sind diese Umfragen umstritten?

Gegner dieser Umfragen führen im Wesentlichen zwei Argumente ins Feld: Erstens, dass man den Resultaten nicht trauen könne. Zweitens, so ihre Theorie, beeinflusse die Umfrage die Wählerschaft. Wenn in einer SRG-Umfrage eine Initiative als chancenlos dastehe, dann würden viele gar nicht erst abstimmen gehen, weil «die Sache ja sowieso gelaufen» sei. In Fahrt kam diese Debatte im Jahr 2009. Damals nahm das Schweizer Stimmvolk die Minarett-Initiative der SVP an, obwohl im Vorfeld die SRG-Umfrage auf eine Ablehnung hingedeutet hatte. Im Parlament wurde daraufhin erwogen, diese Umfragen entweder stärker zu regulieren, oder gleich ganz zu verbieten. Der Bundesrat lehnte schliesslich aber beides ab, da er die Pressefreiheit nicht beschränken wollte. Die SRG selber gab eine Studie in Auftrag, um zu prüfen, ob eine Beeinflussung der Wähler tatsächlich stattfände. Die Studie kam zum Schluss, dass die Umfragen das Endresultat kaum oder gar nicht beeinflusst hatten.

Einen anderen Weg wählte ein erzürnter Statistik-Professor: Da er die gfs-Umfragen für unwissenschaftlich hielt, beanstandete er gleich neunzehn Sendungen, welche die Umfragen zum Thema hatten, bei der Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz und bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (UBI). Beide lehnten seine Einwände allesamt ab – mit der Begründung, es läge nicht in ihrer Verantwortung, die Methoden von gfs.bern auf Wissenschaftlichkeit hin zu prüfen.


Text: SRG Insider, Oliver Fuchs
Quelle: Antonio Antoniazzi (per Mail), gfs.bern, parlament.ch, SRF, Tages-Anzeiger, Studie der Universität Bern
Bild: Colourbox

Tags: gfs ombudsstelle ubi

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