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«An der ersten Fassung habe ich drei Jahre lang gearbeitet»

Er hat eine Band, ein Buch und noch sehr viel vor: Jungautor Frédéric Zwicker. Im Interview erzählt er uns wie es war, das erste Buch zu schreiben, was alles dahintersteckt und was so ein Roman alles auslösen kann.

SRG Insider: «Texte» scheinen sich durch dein Leben zu ziehen: Wie bist du vom Poetry Slam zur Musik und schliesslich zum Roman gekommen?
Frédéric Zwicker: Eigentlich bin ich von der Musik zum Poetry Slam und dann zum Roman gekommen. Seit ich sieben bin habe ich Geige gespielt und später in der Kanti mit Gitarre angefangen, als wir eine Band gründeten. Als ich meinen ersten Slam sah, war ich fasziniert und nahm kurz darauf teil – daraus ist dann meine heutige Band «Knuts Koffer» entstanden: Beim Poetry Slam bist du fünf bis zehn Minuten auf der Bühne, ich wollte aber ein abendfüllendes Programm und konnte so meine zwei grössten Leidenschaften – Musik und Literatur - verbinden.

War es schon immer «ein Traum» ein eigenes Buch zu veröffentlichen?
Das Schreiben hat mich schon immer angezogen. Dass ich dafür ein gewisses Talent besitze, habe ich von Mitschülern und Lehrern gehört – wie weit aber mein Talent wirklich reicht, konnte ich nicht einschätzen. Durch den Poetry Slam und journalistischen Erfahrungen aus dem Nebenjob habe ich bemerkt, dass meine Texte gut ankommen. Anfangs 20 habe ich einen ersten Roman geschrieben. Ich fand ihn aber selber zu schlecht um ihn einzuschicken.

Wie bist du auf die Idee zu deinem Buch gekommen?
Die Idee – oder vielmehr die Motivation – für das Buch kam, nachdem mir die Internationale Bodensee Konferenz 2009 einen Förderpreis für eine Kurzgeschichte verliehen hatte. Dies hat mir dann das nötige Selbstvertrauen gegeben, um mich wieder einem Roman zu widmen. Mir war ziemlich schnell klar, dass ich über Demenz und Altersheime erzählen möchte, da ich 2004 im Zivildienst einen grossen Erfahrungsschatz angelegt hatte. Um meine Erinnerungen aufzufrischen, bin ich 2011 nochmals auf eine Demenzstation. Ich wollte meine Geschichte so realitätsnah wie möglich schreiben.

Wie wichtig ist die Unterstützung durch solche Preise bzw. Literaturförderung allgemein?
Für junge Autoren ist es extrem wichtig, dass es Plattformen gibt, auf welchen sie sich versuchen können. Das Risiko, negatives Feedback zu bekommen, gibt es natürlich immer – Literatur ist immerhin subjektiv, also weitgehend eine Geschmackssache. Dass ich diesen Preis gewann, hat mich unglaublich motiviert und durch das Preisgeld habe ich auch die nötigen Ressourcen erhalten, um mich an dieses Riesenprojekt zu wagen.


Wie die SRG Literatur fördert, kannst du auf SRG Insider nachlesen, denn wir haben es für dich zusammengefasst.


Wie sah der Schreibprozess aus? Wie lange hast du an diesem Buch gearbeitet?
An der ersten Fassung habe ich drei Jahre lang gearbeitet. Danach habe ich mir einen Verlag suchen müssen. Das war die typische Odyssee. Ich hatte aber Unterstützung vom Schriftsteller Peter Weber, welcher ein Mentor für mich wurde. Er hat mein Manuskript verschiedenen Verlagen geschickt, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Darum habe ich mich auf seinen Rat an eine Agentur gewandt, welche einen Verlag suchte. Nagel&Kimche war interessiert. Im Mai 2015 habe ich den Vertrag mit ihnen unterschrieben, das Buch nochmals überarbeitet und schlussendlich am 22. August 2016 in die Läden geschickt. Insgesamt war es ein Prozess von gut sechseinhalb Jahren.

Wie war das Feedback, die Kritik auf deinen Debüt-Roman? Wie geht man mit dieser Kritik um?
Es war wahnsinnig! Ich hätte das nie erwartet: Zeitungen, Radiostationen, Fernsehsender im ganzen deutschsprachigen Raum haben darüber berichtet. Und fast ausschliesslich positiv. Mein Buch wurde als Beitrag zur Debatte über Alter und Demenz aufgenommen. Ein neuer Blick, eine neue Perspektive oder auch ein neuer Ton. Ich habe von vielen Menschen Rückmeldungen erhalten, dass mein Buch sie zum Denken veranlasst oder gar verändert habe – das ist natürlich sehr schön. Zudem werde ich auch zu vielen Lesungen eingeladen, sei es in der Schweiz oder im Ausland (Deutschland, Österreich, Helsinki, Budapest oder Buenos Aires). Den Erfolg geniesse ich natürlich, weiss aber auch, dass er vergänglich und zu einem grossen Teil ein Konstrukt der Medien ist und ich mir bei meinen nächsten Projekten mindestens genauso viel Mühe geben muss.

Was sind denn deine nächsten Pläne?
Ich bin mit meiner Band am fünften Album dran. Ich versuche mich auch an einem zweiten Buch – dafür werde ich ab Herbst ein paar Monate unterwegs sein und mich von den verschiedenen Schauplätzen inspirieren lassen. Es soll zwischen der Schweiz, Kroatien und Ostafrika spielen. Die Geschichte habe ich schon ziemlich ausgefeilt im Kopf.

Was möchtest du jungen Autoren mit auf den Weg geben?
Literatur setzt sich aus Form und Inhalt zusammen. Die Form, die Sprache also, übt man, indem man möglichst viel schreibt. Für den Inhalt sollte man aufmerksam beobachten und kritisch hinterfragen. Ich finde Reisen immer sehr hilfreich, da sie stets neue Perspektiven eröffnen. Und das Wichtigste: nicht entmutigen lassen!

Du willst mehr über Frédéric wissen, von ihm lesen und hören? Dann klick doch mal auf sein Portrait auf der Website «Ansichten – Schweizer Literatur».

Interview: Nina Meroni
Bild: SRF/Lukas Maeder

Tags: literatur

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