Meinungen

Ende Gelände

22. August, 27. Oktober und 31. Oktober 2016. Das sind die drei Daten, an denen drei Jugendmedien in der Schweiz ihr Ende bekanntgegeben haben. Joiz, NZZ Campus und das Young Swiss Magazine – gleich drei Angebote für ein junges Zielpublikum – sind Geschichte. Wir suchen nach den Gründen und fragen: Was nun?

Das liebe Geld

Bei Joiz kam das Ende relativ abrupt: Im Sommer 2016 zog sich ein grösserer Investor von der geplanten Finanzierungsrunde zurück. Innert kürzester Zeit hätte man Ersatz finden müssen, was nicht gelang. Und so musste Joiz seinen Konkurs anmelden. Seinem Publikum mitgeteilt hat Joiz diese schlechte Nachricht per Facebook-Live-Hangman. Am nächsten Morgen kamen die Konkursverwalter, erzählt Marguerite Meyer, ex-Chrefredakteurin von Joiz.

Beim Young Swiss Magazine vollzogen sich die Schritte eigentlich sehr ähnlich, nur langsamer. Bis 2014 wurde Young Swiss (früher Euro26) von der Mobiliar als Hauptsponsor getragen. Alle jungen Mobiliar-Kunden waren automatisch Mitglied, bekamen das Magazin nach Hause und weitere Vorteile, z.B. gratis Eintritt in über 150 Museen der Schweiz.

Medien nicht mehr nötig

Besonders interessant ist der Hauptgrund, weshalb die Mobiliar ihr Sponsoring beendete. Carole Barmettler, ex-Chefredakteurin des Young Swiss Magazine: «Viele Firmen suchen heutzutage nicht mehr einen externen Partner um junge Leute zu erreichen, sondern bauen eigene Kanäle auf.»

Sie müssen dafür heute nicht mehr den Umweg über die Medien nehmen, sondern können diese Kontaktaufnahme selbst bewerkstelligen. Auf ihren Websites, zum Beispiel mit Content Marketing, oder aber in den sozialen Medien.

Mit der Mobiliar fielen auch die meisten Mitglieder von Young Swiss weg. Sie hätten ihr Abo aktiv verlängern und selber bezahlen müssen. Nur wenige taten das aber auch. Also hätte das Magazin potenzielle neue Leserinnen und Leser ansprechen und bekannter werden müssen. Carole Barmettler muss rückwirkend feststellen: «Das ist uns letztlich nicht gelungen.»

«Handbremse» bei NZZ Campus

Bei NZZ Campus war es kein Investor, der sich zurückzog, sondern das Mutterhaus. Am 27. Oktober zitiert es seinen Geschäftsführer Steven Neubauer: «Das Magazin hatte im Werbemarkt nicht den gewünschten Erfolg. Zudem blieb der Transfer von ‹NZZ Campus› zur ‹Neuen Zürcher Zeitung› und zur ‹NZZ am Sonntag› hinter den Erwartungen.»

SRF interviewte daraufhin den ehemaligen Chefredakteur Ronald Schenkel. Er beklagte im Interview, dass NZZ Campus durchaus auf einem guten Weg gewesen sei, aber zu wenig Unterstützung von oben erhalten habe: «Wenn man mit angezogener Handbremse fährt, dann geht’s einfach nicht.»

Die Parallelen – Die Unterschiede

Die Mobiliar, die NZZ und X (wer sich bei Joiz zurückgezogen hat ist unbekannt): Sie alle glaubten nicht mehr an eine rentable Zukunft der drei Jugendmedien. Die NZZ versuchte, mit dem Campus ein jüngeres Zielpublikum zu erreichen als bei ihren Hauptmedien. Dies gelang ihr durchaus, aber offenbar stimmte für den Verlag der Return on investment nicht.

Das Fazit

Uns führte die ganze Diskussion zu einer zentralen Frage:

Braucht es denn Medien speziell für Junge?

Oder muss vielleicht nicht eher die Lebenswelt der unter 35-Jährigen in «normalen» Publikationen stärker stattfinden?

Wir waren uns nicht ganz einig, aber hört selbst und diskutiert vor allem mit. Was denkt ihr?

Bild Autor*in Autoren Luca Ghiselli und Angelo Zehr
Einmal im Monat diskutieren Luca und Angelo in ihrem Podcast «Journalismus Y» über die technischen und wirtschaftlichen Veränderungen, die die Digitalisierung des Journalismus mit sich bringt. Luca arbeitet für das St. Galler Tagblatt. Angelo arbeitet gegenwärtig bei SRF Data.
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Luca Ghiselli und Angelo Zehr
Tags: journalismus journalismusy jungjournis medienmarkt podcast

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