Meinungen

«Nachgefragt»: Wer hört 2016 noch Radio?

Ganz ehrlich: Hört ihr überhaupt noch Radio? Für Christoph Aebersold, Leiter von SRF Virus und Leiter Strategie & Angebote im Bereich «Junge Zielgruppen» bei SRF, ist die Antwort auf diese Frage klar: «Ja, das tut ihr – aber nicht nur.» Wir haben gefragt, was er damit meint.

Radio SRF Virus fährt seit zweieinhalb Jahren eine «Web-first»-Strategie – und nahm damit bei SRF eine Pionierrolle ein. Die Gedanken hinter diesem Schritt: Der Sender soll mehr sein als das blosse Ausstrahlen von Musik, Moderation und Wortinhalten über den Radiokanal. Nicht zuletzt ist er auch eine Marke, die für etwas steht und ein bestimmtes Lebensgefühl vermitteln will.

360 Grad denken

Radio muss ein solides Online-Standbein aufbauen. In der Redaktionssitzung wird nicht darüber diskutiert, wie Radioinhalte im Web abgebildet werden können, sondern darüber, wie ein Thema auf der Webseite, den Social Media-Kanälen und im Radio behandelt werden kann. Facebook und Instagram funktionieren unterschiedlich, entsprechend müssen Geschichten auf diesen Plattformen auch anders erzählt werden. Oft wird eine Geschichte zuerst online erzählt und dann wieder zurück ins Radio gespielt. «Das Ziel ist es, 360 Grad zu denken.» Dazu gehört auch die Produktion von Videoinhalten.

Radio und Video? «Wir wollen Radio nicht grundsätzlich bebildern. Das Medium ist auch so stark», erklärt Christoph. Aber manchmal könne Visualisierung ein Mehrwert sein. «Über Bilder taucht man schneller ins Geschehen ein.» Reine Audioinhalte haben es deshalb auf Social-Media-Kanälen oft schwer, Beachtung zu finden. Das Storytelling jedoch, davon ist er überzeugt, lasse Radio zu einem guten Online-Partner werden. Und Musik. Diese funktioniere online sowieso sehr gut, wie auch Streamingdienste zeigen.

Vorbei ist die Giesskannen-Zeit

Mit dem Publikum auf Social Media in Kontakt treten – auch dies ist ein wichtiger Faktor für Christoph. «Davon profitiert wiederum das Radio.» Zurück kommen sehr direktes Feedback, Musikinputs und viel Lob fürs Programm. Auch die SRF Virus-App soll künftig mehr Interaktion schaffen.

«Radio ist im Zusammenspiel mit Online-Kanälen nicht länger eine Giesskanne, die das Publikum berieselt, sondern ein Ort, um sich auszutauschen.» Es steckt in einer spannenden Entwicklungsphase, es müssen neue Orte gefunden werden, wo das zum Tragen kommt, was Radio ausmacht. Die Virus-Strategie scheint aufzugehen: Die Webreichweite hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt.


Direktionsbereich «Junge Zielgruppen» bei SRF

Wie erreicht man junge Personen zwischen 12 und 35 Jahren, die mit der Digitalisierung aufgewachsen sind und Radio und TV immer seltener linear nutzen? «Wir denken nicht mehr in den Kategorien Radio, TV und Online», betont Christoph. Vielmehr gehe man vom Thema aus und überlege dann, wie man das Publikum am besten damit erreicht. So werden bei SRF verschiedenste Projekte entwickelt: Einige werden schnell produziert und bald live getestet, andere sind längerfristig oder eventbezogen.

Hier gibt’s einen kleinen Vorgeschmack, welche neuen Formate dich im November erwarten: True Talk und Inked.


Text: Laura Clauderotti
Kachelbild: SRF Virus/Noëlle Guidon, Portrait Christoph Aebersold: SRF/Lukas Mäder

Tags: mediennutzung radio2.0 virus

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