Aufhören, in Clichés zu denken
Die Dreharbeiten zum historischen Spielfilm «Gotthard» sind beendet. Damit «aus der Sicht des Tessins» auch alles seine Richtigkeit hat, war Gabriella de Gara, Leiterin Fiktion bei RSI, von Anfang an dabei. Auf was sie sich besonders achten musste, hat sie uns in einem kurzen Gespräch verraten.
SRG Insider: Gabriella, was war deine spezifische Rolle bei den Arbeiten zu «Gotthard»?
Gabriella de Gara: Ich war schon in die Entwicklungsphase redaktionell involviert. Das heisst konkret: Ich habe Drehbuchfassungen gelesen und mich an den Drehbuchbesprechungen beteiligt. Das war spezifisch bei dem Projekt ein sehr interessanter Prozess, weil hier auch noch die Redakteure von ZDF und ORF dabei waren. Ich habe konstant Inputs gegeben. So haben wir viel bezüglich den Eigenschaften der Figuren mit einer italienischen Herkunft oder aus der italienischen Schweiz mitgeredet. Der Austausch hat gut funktioniert und war sehr spannend.
Was musstest du konkret «korrigieren»?
Korrigieren? Nichts. Ich gab immer wieder Feedbacks zu Dialogen, Charakterzügen, Situationen aber auch zum Casting. Es war wichtig zu sagen, wie ich das aus «unserer» Sicht sehe. Manchmal ging es auch nur darum, eine Differenzierung zwischen Italien und der italienischen Schweiz zu machen oder zu den verschiedenen Akzenten und Aussprachen bei den Schauspielern. Es gibt halt einfach gewisse Dinge, die hört man nur, wenn es sich um die eigene Muttersprache handelt.
Ist dir etwas Besonderes geblieben?
Zum Beispiel wurde eine sehr schöne Figur aus der italienischen Schweiz eingeführt. Irgendwann ging es bei einem Dialog darum, eine Liste von typischen Tessiner Gerichten anzugeben, die es zu dieser Zeit gegeben hat und nach denen sich diese Figur in Göschenen gesehnt hat. So gab es ausser den Dialogen auch immer wieder andere kleine Aspekte, wo unsere Meinung gefragt war.
Gibt es einen «Graben» zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin? Wissen beide wirklich nicht, wie der andere ist?
Vielleicht gibt es einen Graben – dieser ist jedoch in meinen Augen nicht sehr gross. Oftmals denkt man, ob man es will oder nicht, halt einfach in gewissen Clichés. Dann hilft es, wenn eine Person aus der anderen Kultur mitdenken kann. Es handelt sich manchmal auch nur um Nuancen. Was beim Projekt «Gotthard» für mich immer sehr positiv war, war die Arbeit mit einem Autor, der wirklich zuhören wollte und dem sehr viel daran lag, dass das Resultat am Schluss für alle stimmt. Auch auf dem Set habe ich viel Aufmerksamkeit in diesem Sinne erlebt.
Findet eine solche Form der Zusammenarbeit regelmässig statt?
Die Zusammenarbeit der Regionen erlebe ich als sehr positiv. Vor allem beim Film im Rahmen des «Pacte de l'audiovisuel». Es liegt uns allen viel daran, uns gegenseitig auch in solchen Fragen zu unterstützen. Das finde ich sehr erfreulich und ich bin sicher, dass es auch zum gegenseitigen Verständnis beiträgt.
Nice to know: Das fiktionale Grossprojekt «Gotthard» entsteht in Zusammenarbeit mit der Schweizer Produktionsfirma Zodiac Pictures und in Koproduktion mit ZDF und ORF. Gezeigt wird «Gotthard» am Sonntag, 11. und Montag, 12. Dezember 2016 in zwei Teilen jeweils um 20.05 Uhr auf SRF 1.
Interview: Laura Verbeke
Bild Schauspieler Gotthard: SRF/Marcus Giger (im Bild: Die Schauspieler v.l. Maxim Mehmet als Max, Miriam Stein als Anna, Pasquale Aleardi als Tommaso)
Bild Gabriella de Gara: RSI
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