Wie sich Sportarten fürs Fernsehen fein machen
Sport ist einer der wichtigsten Bestandteile des Fernsehprogramms. Aber nicht jede sportliche Disziplin ist ein Garant für hohe Einschaltquoten. Insbesondere Randsportarten müssen sich den Bedürfnissen der Medien anpassen, um eine Chance zu haben, im TV gezeigt zu werden. Wie sehr hat sich der Sport unter dem Einfluss der Medien verändert?
Sport und Medien stehen in einer engen Wechselbeziehung zueinander: Die Medien brauchen Sportereignisse als Inhalt und der Sport wiederum ist auf die Medienpräsenz angewiesen. Die TV-Übertragungsrechte sind, nebst Sponsoring, Merchandising und Ticketverkauf, eine der wesentlichen Finanzierungsquellen der Sportverbände geworden. Da die Sendezeit aber begrenzt ist, entsteht zwischen den unterschiedlichen Sportarten ein Konkurrenzkampf um mediale Präsenz. Wer seinen Sport ins Fernsehen bringen will, muss nach den Regeln der Medien spielen. Dabei wandelt sich der Spitzensport immer mehr zum Mediensport.
Mehr Spannung, weniger Leerlauf
Im Schatten populärer Fernsehsportdisziplinen wie Fussball oder Eishockey, spielen Randsportarten wie Tischtennis, Biathlon oder Volleyball in den Medien nur eine untergeordnete Rolle. Um sich fernsehtauglicher zu präsentieren, greifen die Verantwortlichen deshalb immer stärker in die Regeln dieser Sportarten ein. Die Sportverbände lancieren den Umbau von Sportstätten, die Einführung neuartiger Sportgeräte und Veränderungen im etablierten Regelwerk. Alles unter dem Motto: Mehr Spannungsmomente, weniger Leerlauf.
So hat beispielsweise der Volleyball-Weltverband FIVB die Rally-Point-Zählweise, bei der bei jedem Ballwechsel mit einem Punkt abgeschlossen wird, eingeführt. Endlos lange und unberechenbare Spiele, die das TV-Programm durcheinander bringen, sollen damit vermieden werden. Im Tischtennis hat sich in den letzten Jahren ebenfalls einiges getan. Um den Sport interessanter zu machen, wurde der Spielball vergrössert und somit die Fluggeschwindigkeit reduziert. Auch das Zählsystem ist längst verändert: 11 statt 21 Punkte reichen heute für den Satzgewinn.
Rundumerneuerung zum Saisonstart
Aber auch populärere Sportdisziplinen wie Tennis sind vor Reformen nicht gefeit. Die Verantwortlichen fordern kürzere Aufwärmphasen oder vier statt sechs Spiele für den Satzgewinn. Sogar der Abschied vom zweiten Serviceversuch ist im Gespräch. Doch was im Tennis noch heiss diskutiert wird, ist beim Eishockey längst Realität: Das Inkrafttreten neuer Regeln betrifft vor allem das Power- und Boxplay. Durch die Erweiterung des Angriffsdrittels zu Lasten des mittleren Raums, soll noch mehr Tempo in der Angriffszone garantiert werden.
Auch die Schweizer Fussballwelt wurde auf den Kopf gestellt. So werden beispielsweise seit der Saison 2012/13 zwei Partien am Sonntag bereits um 13.45 Uhr angepfiffen. Die Spielpläne und Anspielzeiten wurden auf Wunsch von Fernsehpartnern geändert. Doch wieviel kommerzorientierte Fremdbestimmung lassen die Verantwortlichen noch zu? Werden Sportereignisse in Zukunft immer mehr einer Samstagabendshow ähneln, deren Sieger schon vor dem Spiel feststeht?
Sieg-Niederlage-Dynamik generiert Publikumsinteresse
Dass nicht alle medial verursachten Regeländerungen reibungslos funktionieren, zeigt sich am sogenannten «Golden Goal» im Fussball. Die Regel, die besagt, dass das erste erzielte Tor während der Verlängerung das Spiel entscheidet, sollte für eine erhöhte Spannung sorgen. Doch in den meisten Partien war davon nichts zu spüren: Aus Angst, das spielentscheidende Tor zu kassieren, agierten die Spieler nur noch vorsichtiger. Erhebliche Kritik wurde laut und die «Golden Goal»-Regelung abgeschafft.
Es rechnet sich also nicht immer, Sportarten den medialen Erfordernissen anzupassen. Der Sport ist von seinem Wettkampfcharakter geprägt – diese Sieg-Niederlage-Dynamik zieht die Zuschauer in den Bann. Verliert der Sport durch zu viel Inszenierung an Authentizität, nimmt auch das Publikumsinteresse ab. Denn Mediensport kann auf Dauer nur funktionieren, wenn er Sport bleibt.
Text: Elena Tzvetanova
Quellen: Dohle, M. & Vowe, G. (2006): Der Sport auf der Mediatisierungstreppe? Ein Modell zur Analyse medienbedingter Veränderungen des Sports. Medien und Erziehung (merz), 50 (6), 18-28; 20min.ch (03.09.2014); jp4sport.biz (02.09.2014); nzz.ch (03.09.2014); tischtennis-pur.de (02.09.2014)
Bild: SRF
Kommentar