«Kurz erklärt»: Wie gratis ist gratis?

Gratis-Zeitungen, Gratis-SMS, Gratis-WLAN: Wer bezahlt eigentlich alles, was gratis ist und wieso braucht es eine Gebühr für Radio und Fernsehen? Ein Kommentar von Peter Moor-Trevisan.

Der «Blick am Abend» ist gratis, Google ist gratis, WLAN am Bahnhof ist gratis – aber Radio und Fernsehen kosten 462 Franken im Jahr, obwohl sie einfach per Smartphone oder Tablet zu hören und sehen sind.

Wie gratis ist gratis? Niemand wird ernsthaft glauben, dass etwas wirklich gratis ist. Eine Zeitung kostet: Papier, Druckerei, Löhne. WLAN am Bahnhof oder bei Migros: Es braucht Leitungen, Antennen, Strom. Viel Strom: Google verbraucht Strom wie eine Grossstadt.

Wer bezahlt?

Gratiszeitungen werden von den Inserenten bezahlt. WLAN bei Migros – da ist es etwas schwieriger; hier zahlt die Migros selbst dafür und rechnet damit, dass es Leute zusätzlich oder länger in die Läden holt, was zu mehr Verkaufsumsatz führt. Das WLAN bei Migros zahlen also alle, die einkaufen – egal ob sie es nutzen oder nicht.

Die eigentliche Währung heute aber sind die Daten: Die SBB schreibt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Gratis-WLAN: Daten würden erhoben, um anonymisierte Bewegungsmessungen zu machen, das Reiseverhalten der Kunden zu ermitteln und diese «persönlich anzusprechen». Einmal anmelden, und dann immer nur mit einem Klick wieder rein: Das genügt, um sein Bewegungs- und Konsumverhalten offenzulegen. Wenn SBB und Migros einmal auf die Idee kommen, ihre Daten abzugleichen, sind beidseitige Kunden bereits halbnackt.

Unabhängigkeit – ein wertvolles Gut

«Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing‘»: Der «Blick am Abend» ist vor einiger Zeit am Morgen statt am Abend erschienen, weil ein Werbekunde das so wollte – und bezahlte. Unabhängiger Journalismus wäre etwas Anderes. Das ist die Stärke der gebührenfinanzierten Medien: Nicht die Werbekunden finanzieren die SRG auch nicht der Staat über die Steuern. Sondern wir alle über die Gebühr. Wir sorgen damit dafür, dass nicht nur in allen Sprachregionen der Schweiz ein passendes Angebot mit mehreren Programmen ausgestrahlt wird, sondern vor allem, dass die Journalistinnen und Journalisten keinem Verleger, keinem Werbekunden und keinem Datensammler in Irland oder der USA etwas schuldig sind. Das sollte es uns wert sein.

Peter Moor-Trevisan ist Kommunikationsleiter der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV und seit 2012 Präsident der SRG Aargau Solothurn.

Text: Peter Moor-Trevisan
Bild: SRG Insider / Videowizards

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