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Symptome googeln – aber richtig!

Wir kennen es alle zu gut: Wir haben Schmerzen und bevor wir uns bei einem Arzt melden, suchen wir im Internet nach den Ursachen. Die Sendung «Ärzte VS Internet» widmet sich diesem Phänomen. Dr. med. Fabian Unteregger (ja, genau DER Fabian ist Doktor) moderiert die Sendung. Von ihm für dich: Eine Anleitung zum Richtig-Symptome-Suchen im Internet.

Fabian Unteregger am Set der SRF-Serie «Ärzte vs. Internet»

SRG Insider: Fabian, was bist du eigentlich für ein Arzt?
Fabian Unteregger: Ein freundlicher. Ich habe aber noch keinen Facharzttitel und ging direkt nach dem Staatsexamen auf Tournee. Parallel mache ich Forschung und publiziere, behandle aber derzeit keine Patienten.

Hand aufs Herz: Wie oft hast du selbst schon deine eigenen Symptome im Internet gesucht?
Oooouuh, viele Male. Aber gottlob ist noch nie etwas Übles dabei herausgekommen. Ich bin mehr so der Typ, der sich beim Wandern, nach etwa 1'000 Höhenmetern in den Beinen, fragt: Ist das normal, langsam das Alter, oder eine Diagnose? Ernsthaft: Ich schaue auch häufig Krankheiten im Internet nach. Nur schon pro Sendung «Ärzte vs. Internet» stellen wir sechs Krankheiten vor. Da musste ich zwischendurch auch googeln. Ich will ja den Zuschauerinnen und Zuschauern keinen Käse erzählen.

Ich schaue auch häufig Krankheiten im Internet nach.

Was denkst du als Arzt über Patientinnen und Patienten, die im Internet nach ihren Symptomen suchen?
Das ist super, macht das unbedingt! Information ist immer gut, entscheidend jedoch die Informationsquelle. Das schwierige ist es dann jedoch für einen Laien das Ganze in einen Kontext zu setzen. Der Laie fragt sich dann «wie wahrscheinlich ist es, dass ich das hier habe?» Es gibt tausende möglicher Diagnosen. Auch um hier die richtige zu finden, ist eine Ärztin oder ein Arzt unabdingbar.

Die Einordnung ist also vor allem das Problem ...
Ja, die ist schwierig. Laien haben die Tendenz, das Schlimmste für sich anzunehmen. Du siehst dann irgendwo Tumor, du siehst irgendwo «unheilbar» und denkst nur noch an diese eine Diagnose. Noch vor meinem Medizinstudium erzählte mir jemand, dass sich seine Multiple Sklerose mit einem leichten Zucken in der Armmuskulatur zuerst gezeigt hat. An diesem Abend ging ich ins Bett und hatte Muskelzuckungen im Arm. Dann habe ich mich mit mulmigem Gefühl im Bauch natürlich gleich gefragt ob ich jetzt MS kriege. Wir Menschen ticken so. Dabei sind Muskelzuckungen ganz normal. Solche Faszikukationen, wie sie in der Fachsprache heissen, hat jede und jeder. Sehr selten handelt es sich dabei tatsächlich um ein Krankheitssymptom.

Laien haben die Tendenz, das Schlimmste für sich anzunehmen.

Gibt es vertrauenswürdige Seiten?
Uptodate.com* ist so eine Website, die zum Beispiel von Fachpersonen im Spital immer wieder gebraucht wird – punktuell natürlich auch Google. Wenn ich jetzt aber beispielsweise bei Wikipedia etwas finde, muss ich überprüfen ob der Artikel von einer Fachperson verfasst wurde oder nicht. Damit kann ich besser einordnen wie glaubwürdig die Angaben darin sind. Den Inhalt solltest du also mit Vorsicht geniessen.

Gibt es noch andere gute Websites?
Es gibt viele vertrauenswürdige Seiten, ich gebe hier jedoch keine Empfehlung ab, sondern rate eher zum Arztbesuch. Bei Internetseiten ist es wichtig zu erkennen, wer diese Seite finanziert. Viele Seiten locken mit gezielten Informationen Kunden an, um dann eigene Produkte darin zu bewerben. Wenn auf einer Seite plötzlich auf zig Arten Vitamintabletten empfohlen werden, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie von einem Vitamintablettenhersteller gesponsert wird. Statt dann eine Vitamin C Tablette zu kaufen, lieber in eine Orange beissen. Da werden nebst Vitamin C gleich noch wichtige Spurenelemente und Nahrungsfasern mitgeliefert.

Statt dann eine Vitamin C Tablette zu kaufen, lieber in eine Orange beissen.

Braucht es denn in 100 Jahren überhaupt noch menschliche Hausärzte?
Ich denke nicht, dass Hausärzte überflüssig werden. Der Hausarzt entscheidet aufgrund eines Gesamtbildes. Und hier spielt neben einem Patientengespräch, einer körperlichen Untersuchung und weiterer möglicher diagnostischer Tests wie dem Blutbild oder einer Bildgebung auch der Eindruck eine Rolle, den der Hausarzt intuitiv von einem Patienten erhält. Das Bauchgefühl kann also einen entscheidenden Hinweis geben. Einem Computer Bauchgefühl beizubringen ist zumindest derzeit auch mit künstlicher Intelligenz (AI) noch sehr schwierig bis unmöglich.

Sobald es jedoch darum geht, standardisierte Bilder zu beurteilen wie zum Beispiel eine Netzhaut oder radiologische Bilder, sind Computer derzeit dem Menschen schon mindestens ebenbürtig. Und das ist gut so, da der Computer hier der Ärztin oder dem Arzt schneller und präziser wertvolle Zusatzinformationen liefern kann. Das heisst nicht, dass Hausärzte überflüssig werden, ihre Rolle wird sich vermutlich verändern. Das war aber schon immer so. Oder kennst Du eine Hausärztin oder einen Hausarzt, der heute noch schröpft?

*Achtung: Ohne kostenpflichtiges Abo gibt’s die Seite nur mit begrenztem Zugriff und nicht auf Deutsch. (Ganz ehrlich – wir würden aber auch auf Deutsch nur Bahnhof verstehen.)


Die zweite Staffel von «Ärzte VS Internet» läuft ab Montag, 1. Juli 2019 um 20.05 Uhr auf SRF 1 und ist anschliessend auf Play SRF verfügbar.


Interview: Luca Passerini
Bild: SRF/Mirco Rederlechner

Bild Autor*in Autor Luca Passerini
Luca hat Organisationskommunikation an der ZHAW in Winterthur studiert. Von Frühling bis Herbst 2018 machte er während seinem Praktikum bei SRG Insider die Studios im Leutschenbach unsicher. Sonst rettet er am liebsten Schildkröten.
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Luca Passerini
Tags: gesundheit internet

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